Regensburg: Glaubensfroher Fastenhirtenbrief von Bischof Dr. Rudolf Voderholzer
Veröffentlicht: 10. März 2020 Abgelegt unter: BISCHOF Voderholzer (Regensburg) | Tags: Bekenntnis, Bischof Dr. Rudolf Voderholzer, Christus, deutschland, Fastenhirtenbrief, Glaube, Katechese, Kirche, Kirchgang, Neu-Evangelisierung, Papst Franziskus, Regensburg, Sakramente, synodaler Weg 3 KommentareLiebe Kinder, liebe jugendliche und erwachsene Schwestern und Brüder im HERRN!
1. Zur österlichen Bußzeit grüße ich Euch und Sie alle sehr herzlich! Wir gehen auf das Osterfest zu, das Fest der Auferstehung Jesu. Es begründet unsere „Hoffnung auf Herrlichkeit“(Kol 1,27). Sie lässt uns bei aller Bedrängnis und in den Sorgen des Alltags frohgemut und zuversichtlich sein.
2. Aus zahlreichen Gesprächen und Begegnungen weiß ich, dass viele von Ihnen die Diskussionen in der Kirche in Deutschland bewegen. Die einen machen sich Sorgen um die ihnen liebgewordene Gestalt der katholischen Kirche, andere sehnen sich nach Veränderungen. Wie wird es weitergehen?
Um bei all den unterschiedlichen Stimmen und Meinungen die Orientierung nicht zu verlieren, ist es gut, einen Schritt zurückzutreten und die großen Entwicklungen in den Blick zu bekommen.
3. Ja, wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Die Zeiten haben sich gewandelt, gerade auch was den Stellenwert von Glaube und Kirche in unserer Gesellschaft angeht. Viele von Ihnen werden sich noch daran erinnern, dass sich zumindest in den Regionen des Bistums Regensburg vor noch wenigen Jahrzehnten jemand rechtfertigen musste, wenn er am Sonntagvormittag nicht zur Heiligen Messe in die Kirche ging.
Heute muss sich in der Nachbarschaft oder am Arbeitsplatz rechtfertigen, wer sich am Sonntagvormittag auf den Weg dorthin macht.
Wer früher in unseren Städten und Dörfern am Sonntagvormittag unterwegs war, erlebte auf den Straßen etliche Menschengruppen, junge und alte, die, sonntäglich gekleidet, das Gebetbuch in der Hand, auf dem Weg zur Kirche waren oder von dort nach Hause gingen.
Heute prägen die Jogger das Stadtbild und Frühaufsteher, die den Hund Gassi führen. Gewiss, es gibt Ausnahmen. Zu bestimmten Festen findet man auch bei uns vielerorts schon eine halbe Stunde vor der Messe keinen Parkplatz mehr in der Nähe der Kirche.
Und auch das ist wahr: Der traditionelle Kirchgang allein ist noch kein Zeichen wahrhaft lebendigen Glaubens.
4. Dass aber christliche Positionen und kirchliche Wertvorstellungen keineswegs mehr selbstverständlich sind, zeigt das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Das Tabu der aktiven Sterbehilfe, das die Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens schützt und alte und pflegebedürftige Menschen vor dem Ansinnen bewahrt, sich der Gesellschaft legal zu ersparen, ist gefallen.
Lange Zeit konnte man sich darauf verlassen, dass immerhin das Bundesverfassungsgericht die Würde des Menschen, die des ungeborenen wie des sterbenden, schützt. Dies scheint mit dem besagten Urteil, das ausgerechnet am Aschermittwoch veröffentlicht wurde, fraglich geworden zu sein. Christliche Glaubensüberzeugungen und Mehrheitsmeinung in der Gesellschaft fallen mehr und mehr auseinander. Gott ist für viele ein Fremdwort geworden.
Heute muss sich jeder und jede für die Zugehörigkeit zur Kirche entscheiden. Die gesellschaftlichen Stützen sind mehr und mehr weggefallen. Jeder und jede einzelne ist für sich gefragt. Das heißt nicht, dass ich vergangenen Zeiten nachtrauere. Denn nur auf Tradition zu setzen und weil es alle machen, ist auch kein Zeichen und Ausdruck von Glauben.
5. Papst Franziskus hat in seinem Schreiben „An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ vom 29. Juni 2019 mit Blick auf den geplanten Synodalen Weg in Deutschland von einer elementaren Krise des Glaubens in unserem Land gesprochen. Sie betrifft nicht nur die katholische Kirche, sondern alle christlichen Gemeinschaften.
Deshalb kann ich auch nicht glauben, dass strukturelle Veränderungen in der katholischen Kirche wie etwa der Verzicht auf die Ehelosigkeit der Priester, eine Frauenquote, mehr Mitsprache von Weltchristen in der Kirchenleitung oder eine Abkehr von der bislang geltenden Sexualmoral etwas Wesentliches an dieser Situation ändern würden – ganz abgesehen davon, dass vieles theologisch unmöglich ist, anderes nur auf der Ebene der Weltkirche entschieden werden kann.
6. Wir sollten uns eingestehen: Die Zeiten sind vorbei, wo es gleichsam selbstverständlich war, Mitglied der Kirche zu sein. In die Glaubensgemeinschaft der Kirche wird man nicht schon durch die Geburt aufgenommen, sondern durch die Taufe. In gewisser Weise kehren wir in eine Situation des Ursprungs zurück, wo die persönliche Glaubensentscheidung und eine lebendige Christusbeziehung den Grund gelegt haben für das Wachstum der Kirche.
Ich habe deshalb im Vorfeld des Synodalen Weges zusammen mit weiteren Bischöfen vorgeschlagen, andere Themen aufzugreifen und die Weisung von Papst Franziskus ernst zu nehmen, der uns zur Mission und Neuevangelisierung aufruft: Religiöse Bildungsarbeit, Katechese, Jugendpastoral, Leben aus dem Gebet. – Dafür war die Mehrheit leider nicht zu gewinnen.
7. Als Bischof will ich alles dafür tun, dass die Menschen im Bistum Regensburg die Möglichkeit haben, die Schönheit des kirchlich gelebten Glaubens kennenzulernen. Christus will jeden Menschen an der Hand nehmen und ihm das wahre Leben schenken; ein Leben, das erfüllt ist von göttlicher Liebe und Wahrheit, ein Leben in der Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott (vgl. Mt 17, 5–7; 2 Tim 1,10). Niemand ist gezwungen, diese Einladung, die ER durch seine Kirche und die Sakramente ausspricht, anzunehmen. Die Kirche betrachtet unabhängig davon selbstverständlich jeden Menschen als Geschenk Gottes, und dadurch mit höchster Würde ausgestattet, egal was er denkt oder glaubt.
8. Und so will ich in unserem Bistum, in den Pfarreien, in den Gemeinschaften und Verbänden, die Neuevangelisierung anpacken.
Ein erster Schritt dazu wird sein, die Auskunftsfähigkeit über unseren Glauben zu stärken, sprachfähig und auch sprachwillig zu sein über den eigenen Glauben, gemäß der Weisung des Apostels: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von Euch Rechenschaft fordert über den Grund Eurer Hoffnung!“(1 Petr 3,15).
Dabei geht es zunächst einmal gar nicht um den Katechismus, sondern um Selbstvergewisserung: Wo zeigt sich der Glaube in meinem Leben? Was würde mir eigentlich fehlen ohne Gott und ohne die Kirche? Warum ist mir die Heilige Messe am Sonntag wichtig? Wer hat mich eigentlich zum Glauben geführt? Wer hat mir Jesus nahe gebracht? Welches Zeugnis hat mich so beeindruckt, dass ich selber den Glauben liebgewonnen habe und ohne ihn nicht mehr sein möchte?
9. Wenn ich einmal von mir erzählen darf: Ich bewahre als kostbares Familienerbstück das gerahmte Erstkommunion-Erinnerungsbild meiner Großmutter auf. Der Sachwert ist vermutlich nicht besonders hoch. Aber der ideelle Wert umso mehr. Meiner Großmutter, die im Juni 1946 mit drei minderjährigen Kindern – der Mann war noch in Kriegsgefangenschaft – ihre sudetendeutsche Heimat verlassen musste, war dieses Kommunionandenken so wichtig, dass sie es zwischen einigen Wäschestücken und anderen Habseligkeiten zu den 30 Kilogramm Gepäck hinzugab, die mitzunehmen ihnen erlaubt wurde.
Das Zeugnis dieser Frau, die ihr Schicksal ohne eine Herzensbeziehung zu Christus und ohne einen großen Fundus von Gebeten wohl nicht bestanden hätte, ist ein Geschenk und hat mich nachhaltig geprägt. Dass ich die Berufung zum Priesteramt erkennen konnte, hängt sicher auch mit dieser Erfahrung zusammen: Das Brot des Lebens, das Christus selber ist, hat diese Frau durch ein wahrlich schweres Leben getragen.
10. Weitergabe des Glaubens geschieht durch das persönliche Zeugnis. Ich lade Sie ein, ja ich bitte Sie, sich daheim, in den Gruppen und Kreisen in der Pfarrei in aller Behutsamkeit auch einmal darüber auszutauschen.
Dazu kommt die Frage: Wem bin ich Vorbild im Glauben? Vielleicht haben Sie für einen jungen Menschen das Paten-Amt übernommen. Das Paten-Amt ist in erster Linie ein Vorbild-Amt. Was kann mein Patenkind von mir lernen? Spielt mein Glaube, mein Gebetsleben, mein soziales Engagement eine Rolle? Bin ich mir bewusst, dass etwa mein sonntäglicher Kirchgang auch für andere eine Bedeutung hat; dass auch dieses Zeugnis wahrgenommen wird?
11. In der kommenden Osternacht werden vielerorts erwachsene Frauen und Männer durch Taufe, Firmung und Eucharistie in die Kirche aufgenommen. In der Fastenzeit beten wir in den Fürbitten oft für die Taufbewerber. Für mich ist die Begegnung mit den erwachsenen Taufbewerbern ein großes Geschenk und eine Herausforderung zugleich. Sie stellen mich vor die Frage: Würde ich es wagen, würde ich mich aus freien Stücken um die Taufe bewerben, wenn ich nicht schon als Kind getauft worden wäre? Genau dies geschieht. Und diese Bereitschaft, dieser Mut wird künftig von uns allen noch viel mehr gefordert sein. Das Zeugnis derer, die nicht schon als Säuglinge getauft wurden wie wohl die meisten von uns, dieses Zeugnis möge uns stärken und mutig machen, dass auch wir im Alltag zu unserem Glauben stehen.
12. Auf dem Weg zur Taufe gibt es seit alters her zwei wichtige Etappen: Die Einführung in das Glaubensbekenntnis und die Einführung in das Gebet anhand des Vaterunsers. Das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser-Gebet immer wieder neu durchzubuchstabieren, ist ein wesentlicher Schritt auch der Glaubensvertiefung und der Erneuerung.
Geschehen kann dies durch geistliche Lektüre, im vertrauten Gespräch zuhause, aber auch in Glaubensgesprächskreisen, in Bibelkreisen. Ich begrüße und fördere alle Initiativen in dieser Richtung. Es gibt viele davon. Bald wird es auch eine Konferenz auf Bistumsebene geben, um alle Initiativen zur Evangelisierung zu sichten, zu vernetzen und zu stärken.
13. Das Evangelium des heutigen zweiten Fastensonntags schließt mit der merkwürdigen Weisung Jesu an die Jünger, vorerst nichts über die Begegnung mit dem verklärten Jesus weiterzusagen (vgl. Mt 17,9). Aber dieses Verbot gilt eben nur bis Ostern. Wenn die Jünger alles miterlebt haben werden, auch dass der Messias sogar für sie zu leiden, für sie zu sterben bereit ist, dann wird der Auferstandene das Schweigegebot verwandeln in den Missionsbefehl: „Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern!“(Mt 28,19).
Auf dem Weg Ihrer persönlichen Jüngerschaft segne und behüte Sie
der dreifaltige Gott, der + Vater und der + Sohn und der Heilige + Geist.
Regensburg am Aschermittwoch, 26. Februar im Jahr des HERRN 2020.
+ Rudolf, Bischof von Regensburg
Quelle (Text / Bischofsfotos): https://www.bistum-regensburg.de/news/hirtenbrief-des-bischofs-von-regensburg-zur-oesterlichen-busszeit-2020-7300/
Die sterbende Kirche des Westens braucht einen Ruck zu mehr Glaubensstärke
Veröffentlicht: 7. August 2019 Abgelegt unter: KIRCHE + RELIGION aktuell | Tags: Amazonas-Synode, Austrittszahlen, Bischöfe, Entscheidung, Forum Deutscher Katholiken, Frauenpriestertum, Glaube, Jünger, Jesus, Katholische Kirche, Kirchgang, Lehre der Kirche, Prof. Dr. Hubert Gindert, Reformen, Zölibat 20 KommentareVon Prof. Dr. Hubert Gindert
Wo lebt die Kirche auf? Dort, wo das Christentum authentisch gelebt wird, am stärksten, wo die Christen verfolgt werden: In China, in afrikanischen Ländern, im Iran.
Wo stirbt die Kirche? In den wohlstandsgesättigten Ländern des Westens, z.B. in Deutschland, wo die Menschen aufhören, nach dem Sinn des Lebens zu fragen.
Im Juli wurden die Kirchenaustrittszahlen 2018 veröffentlicht: 216.000 Katholiken haben der Kirche den Rücken gekehrt. Die Reaktion von Bischöfen war nicht der Aufruf: Zurück zu Gott, zum Wort Jesu und zur Lehre der Kirche. Nein! Die kraftlose Antwort war: „Besorgniserregend“.
BILD: Prof. Gindert leitet den Dachverband „Forum Deutscher Katholiken“
Die Frage ist nicht, mit welchen Tricks kann man Katholiken bei der Stange halten, damit sie noch einige Jahre Kirchensteuer zahlen, sondern sie mit der Glaubensentscheidung zu konfrontieren.
Als die Anhänger Jesu in Scharen wegliefen, fragte der HERR die Jünger: „Wollt auch ihr gehen?“ (Joh. 6,68). Darauf Petrus: „Wohin sollen wir gehen? Nur du hast Worte des ewigen Lebens!“
Die Jünger wussten, was sie aufgeben würden, wenn sie sich auch davonmachten. Wer sich entscheidet, muss wissen, wozu er steht oder was er aufgibt. Weil das nicht mehr vorausgesetzt werden kann, sind Katechese und alle Formen der Glaubensunterweisung das Gebot der Stunde!
Die Kirche stolpert weiter auf dem Weg zum „synodalen Prozess“ mit den bekannten Forderungen, welche die Protestanten schon in Anpassung an die Welt durchgesetzt haben. Das ist das wirklich „Besorgniserregende“.
Eigentlich sind die Austrittszahlen nicht überraschend. Denn 91% der Katholiken versäumen die Eucharistiefeier mit dem Wort Gottes am Sonntag. Wenn diesen Menschen bewusst wird, dass sie die Kirchensteuer sparen können oder ein Anlass (sexuelle Missbrauchsfälle) den letzten Schritt „rechtfertigt“, wird das dünne Band zur Kirche gekappt.
Kardinal Robert Sarah hat einem seiner Bücher den Titel gegeben „Gott oder nichts“. Denn die von den Menschen geschaffenen Götter sind „Nichtse“, z.B. Ruhm, Macht, Sex und alles, was mit dem Mammon gekauft werden kann. Auf der Strecke bleiben die Seelen.
Aber selbst eine geschwächte Kirche ist noch ein Ärgernis. Denn diese „Institution“ bezeichnet Abtreibung noch immer als „verabscheuungswürdig“, praktizierte Homosexualität „als Sünde“ und die Genderideologie als „teuflisch“.
Daher muss auf dem „synodalen Prozess“ jetzt alles, was aneckt, auf den Prüfstand: Der Zölibat, die Sexualmoral, das fehlende Frauenpriestertum etc.
Da die deutsche Ortskirche dafür nicht zuständig ist, weil diese Fragen nur gesamtkirchlich geregelt werden können bzw. schon entschieden sind, schauen die „Reformer“ wie die Wächter auf das Morgenrot hin zur Amazonassynode, die im Oktober in Rom beginnt. Denn sie könnte der „gesamten Kirche eine radikale Kehrtwende verordnen“ (Guido Horst), „nach der nichts mehr so sein wird, wie es war“ (Bischof Overbeck).
In unserer Zeit wird das Wort Jesu wahr: „Viele falsche Propheten werden auftreten und viele verführen“ (Mt 24,11-12).
Katholiken, die am Wort Gottes und an der Lehre der Kirche festhalten wollen, sind aufgefordert, die „ecclesia militans – die kämpfende Kirche“ wach zu rufen. Überwinden wir die lähmende Decke von Frust, Angst und Bequemlichkeit und zeigen wir, was der Glaube für uns bedeutet: Die Hoffnung auf das ewige Leben bei Gott!
Prof. Dr. Hubert Gindert ist Sprecher des „Forums Deutscher Katholiken“
„Christliche Wurzeln“ werden zwar mehr wertgeschätzt, aber nicht der Glaube selbst
Veröffentlicht: 22. Dezember 2017 Abgelegt unter: KIRCHE + RELIGION aktuell | Tags: Allensbach, Christentum, christliche Wurzeln, Gesellschaft, Glaube, islamischer Feiertag, Kirche, Kirchgang, Umfrage, Werte 18 KommentareEine Mehrzahl der Deutschen glaubt, ihr Land sei stark durch das Christentum und christliche Werte geprägt. 63 Prozent stimmten dieser Aussage in einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu. Vor fünf Jahren waren es lediglich 48 Prozent.
56 Prozent vertraten die Meinung, Deutschland solle auch in der Öffentlichkeit deutlich zeigen, daß es ein christliches Land sei.
85 Prozent der Befragten lehnten den Vorschlag ab, einen christlichen Feiertag zu streichen und einen islamischen einzuführen.
Zugleich hat die Bedeutung des Glaubens in der Gesellschaft laut dieser Umfrage abgenommen. Der Anteil der Konfessionslosen an der Gesellschaft steige. Zudem besuchten weniger Kirchenmitglieder den Gottesdienst. Lediglich 32 Prozent von ihnen gingen regelmäßig in die Kirche.
Quelle und Fortsetzung der Meldung hier: https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2017/christliche-wurzeln-werden-fuer-deutsche-wichtiger/
Schrumpfungsprozeß in der Kirche : In sechs Jahren eine Million Katholiken ausgetreten
Veröffentlicht: 22. August 2016 Abgelegt unter: KIRCHE + RELIGION aktuell | Tags: Austrittszahlen, Beichte, Bischofskonferenz, Botschaft, Christen, Kirche, Kirchgang, Prof. Dr. Hubert Gindert, Säkularisierung, Schrumpfung, Statistik 15 KommentareVon Prof. Dr. Hubert Gindert
Die katholische Kirche hat im Juli die Statistik über die Kirchenaustritte 2015 vorgelegt. Sie werden auch in den diözesanen Kirchenzeitungen vorgestellt und kommentiert. Oft klingt das sachlich, nüchtern und fast unbeteiligt-distanziert.
2015 haben 181.925 Katholiken die Kirche verlassen. Betrachtet man die Zahlenreihe von 2008 an, so liegen die Austritte erheblich über Hunderttausend. Drei Jahre nähern sich der Zweihunderttausend-Marke. 2014 hatten wir sogar 217.716 Kirchenaustritte.
Die hohen Werte besagen, dass die Kirche in sechs Jahren rund eine Mio. Katholiken verloren hat. Diese Negativentwicklung wird sich fortsetzen, wenn in die Überlegung einbezogen wird, dass rund 30% der Katholiken angeben, mit ihrer Kirche unzufrieden zu sein.
Nach einer Studie der evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) von 2014 „erwägen in Westdeutschland rund 40% der unter 21-jährigen und 25% der 21- bis 29-jährigen, aus der Kirche auszutreten“ (vgl. Konradsblatt, 30/31.2016, S. 3).
Andererseits sind die genannten Zahlen keine Überraschung, wenn bei den Katholiken am Sonntag rund 90% regelmäßig nicht mehr im Gottesdienst erscheinen. Dabei gibt es bemerkenswerte Unterschiede beim sonntäglichen Kirchenbesuch vergleichbarer Diözesen. So haben wir auf der einen Seite Regensburg (16,0%), Eichstätt (15,2%), Fulda (14,2%) und auf der anderen Seite Mainz (9,5%).
„Über die Gründe für die Austrittszahlen lässt sich nur spekulieren. Bislang gibt es keine systematischen Studien“, heißt es im Bericht von Christoph Arens (Konradsblatt, 30/31.2016, S. 3). Da mutet der Satz im gleichen Bericht, dann doch merkwürdig an, wenn es heißt: „Der bisherige Negativrekord mit 217.716 Austritten im Jahr 2014 war mit dem Missbrauchsskandal, die Affäre um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst und das Bekanntwerden eines neuen Kirchensteuer-Einzugsverfahrens auf Vermögenserträge begründet“.
Der Freiburger Religions-Soziologe Michael Ebertz formuliert entsprechend vage, wenn er von einer generell nachlassenden Kirchenbindung spricht. Dass die Gründe für die Austrittszahlen nicht bekannt sind, verwundert.
Die Kirche in Deutschland lässt manches durch Studien untersuchen; und sie hat ausreichend Geld dafür. Warum hat sie kein Geld für die Feststellung der Ursache der Kirchenaustritte? Will sie damit nicht konfrontiert werden? In jedem Fall müsste sie aus solchen Ermittlungen pastorale Konsequenzen ziehen.
Nachdenkenswert ist die Aussage von Dr. Ebertz: „Immer weniger Menschen kommen überhaupt noch mit Pfarrern oder anderen Vertretern von Kirche in Kontakt“. – Vertreter der Kirche sind doch nicht nur die Pfarrer. Dazu gehört das kaum überschaubare Heer der Religionslehrer, Pastoralassistenten, Caritasangestellten, die hauptamtlichen Vertreter katholischer Verbände, Angehörige der Ordinariate. Schließlich sind alle Getauften und Gefirmten Vertreter der Kirche, die zum Glaubenszeugnis verpflichtet sind!
In der Kommentierung der hohen Austrittszahlen findet sich kaum ein Wort über die überfällige Neuevangelisierung, obwohl die kirchliche Situation das geradezu provoziert. Die deutschen Bischöfe wurden bei ihrem Ad-Limina-Besuch 2015 in Rom von Papst Franziskus dazu aufgerufen.
Hilflos und am Problem vorbei liest sich die Stellungnahme des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz: „Die Statistik 2015 zeigt, dass die Kirche in Deutschland nach wie vor eine starke Kraft ist, deren Botschaft gehört und angenommen wird“ (Pressemitteilung der Dt. Bischofskonferenz, 15.7.2016).
Zeigt sich die „gehörte und angenommene Botschaft“ in der Massenabtreibung, im Parlamentsbeschluss zum assistierten Suizid, in der Gentechnologie mit den neuen Richtlinien zur schulischen Sexualerziehung, in der Gentechnologie etc. ?
Weiter heißt es in dieser Erklärung: „Auf der Grundlage dieser Statistik werden wir unseren pastoralen Einsatz weiter entwickeln. Dazu ist bereits viel in den Bistümern geschehen. Ich denke auch an den im vergangenen Jahr abgeschlossenen Dialogprozess, der zur inneren Erneuerung der Kirche beigetragen hat“.
An diesem Dialogprozess haben jeweils auch zwei Vertreter des „Forums Deutscher Katholiken“ teilgenommen. Von einer „inneren Erneuerung“ kann danach nicht die Rede sein. Der „Fels“ hat darüber berichtet.
Vielleicht wäre es hilfreich, wenn die Verantwortlichen in der katholischen Kirche in Deutschland einmal den Mut hätten, entscheidende Fragen zu stellen, z.B. wollen die Menschen von heute noch erlöst werden? Erklärt sich die fehlende Zahl der Katholiken vor den Beichtstühlen nicht dadurch, dass ihnen das Sündenbewusstsein abhandengekommen ist?
Wenn dem so ist, wozu brauchen die Menschen dann noch die Kirche? Soziale Einrichtungen der Kirche können auch andere Institutionen wahrnehmen. Die Antwort auf diese Fragen könnte evtl. zu den Ersatzgöttern dieser Welt führen und zur Frage, ob sie die Erwartungen der Menschen befriedigen können.
Unser Autor Prof. Dr. Hubert Gindert leitet den Dachverband „Forum Deutscher Katholiken“ und die Monatszeitschrift DER FELS
Statistik: EKD weiter auf absteigendem Ast
Veröffentlicht: 16. Juni 2013 Abgelegt unter: KIRCHE + RELIGION aktuell | Tags: EDK, Freikirchen, Gottesdienste, Kirchgang, Landeskirchen, Statistik Hinterlasse einen KommentarAus einer Meldung der evangelischen Nachrichtenagentur IDEA:
Die Mitgliederzahl der 20 evangelischen Landeskirchen ist in einem Jahr um rund 280.000 auf 23,6 Millionen gesunken. Das geht aus der jetzt vom EKD-Kirchenamt in Hannover veröffentlichten jüngsten Statistik für das Jahr 2011 hervor.
Damit liegt der Anteil der landeskirchlichen Protestanten in Deutschland bei 28,9 Prozent (2010: 29,2 Prozent). 24,5 Millionen Bürger sind römisch-katholisch (29,9 Prozent).
Ein Drittel der Bevölkerung (33,7 Prozent) ist konfessionslos. 4,9 Prozent sind Muslime und 1,6 Prozent orthodoxe Christen. Der Anteil der Mitglieder von Freikirchen ist mit 0,4 Prozent angegeben. Aufgeführt sind ferner Buddhisten (0,3 Prozent), Juden und Hindus (jeweils 0,1 Prozent).
Die Zahl der Austritte aus der evangelischen Kirche ist 2011 im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Prozent auf 141.497 gesunken. Deutlich rückläufig mit 53.303 waren die Eintritte (einschließlich Erwachsenentaufen). Das entspricht einem Rückgang um 6,3 Prozent gegenüber 2010. Die Zahl der Aufnahmen ehemaliger Katholiken sank im Vergleichszeitraum um 14 Prozent auf 10.288.
Leicht gestiegen ist der Gottesdienstbesuch. 2011 gingen durchschnittlich 875.052 Personen zur Kirche – 3,7 Prozent der Mitglieder. Im Jahr davor waren es 862.504 (3,6 Prozent).
Sachsen und Württemberg haben die Nase vorn
Den stärksten Zulauf hatten die Gottesdienste in den Landeskirchen Sachsens (6,9 Prozent) und Württembergs (5,2 Prozent). An dritter Stelle folgt die Evangelisch-reformierte Kirche (4,5 Prozent).
Die größten Gottesdienstmuffel leben in Norddeutschland: Schlusslichter beim Kirchgang sind die Bremische Kirche (2,6 Prozent), die „Nordkirche“ (2,5 Prozent) und die oldenburgische Kirche (2,4 Prozent). Am besten besucht sind nach wie vor die Gottesdienste an Heiligabend: 2011 kamen 35,6 Prozent aller Kirchenmitglieder in die Christvespern und Metten – noch mehr als 2010 (33 Prozent). Nur knapp über dem sonntäglichen Durchschnitt (3,7 Prozent) lag dagegen 2011 der Gottesdienstbesuch am Karfreitag (4,3 Prozent).
Quelle: http://www.idea.de
Umfrage: Sonntagsfreude hängt nicht vom Einkommen ab – 26% schätzen den Kirchgang
Veröffentlicht: 26. Juni 2012 Abgelegt unter: THEMEN der Zeit | Tags: Kirchgang, Sonntag Hinterlasse einen KommentarEine forsa-Umfrage im Auftrag des Happiness-Instituts von Coca-Cola kam zu dem Ergebnis: sonntags sind die Deutschen am glücklichsten. Demnach empfinden an einem Sonntag 65 % der Deutschen große Lebensfreude, an Werktagen ist es nur knapp jeder Dritte
Dabei spielen Aktivitäten, mit denen man diesen Tag ausfüllt, eine entscheidende Rolle. Der Kirchgang ist immerhin für 26 % der Deutschen mit Lebensfreude verknüpft.
Der Studie zufolge ist Lebensfreude keine Spezialität der Wohlhabenden: 76 % der Befragten mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen unter 1000 Euro bezeichneten sich als lebensfroh; bei den Befragten, die mehr als 2500 Euro zur Verfügung haben, sind es 80 %.
Ganz wichtig ist den Deutschen die Gestaltung des Sonntags. 77 % gaben an, ihre Freizeit am liebsten mit Freunden zu verbringen. Fast genauso viele (70 %) nannten das Zusammensein mit der Familie. Es folgen u.a. Musizieren (58 %), Sport (53 %) und ehrenamtliche Aktivitäten (47 %). – 17 % macht das Engagement in Bürgerinitiativen und Parteien glücklich.
Für die Studie wurden 2.153 Männer und Frauen zwischen 14 und 69 Jahren befragt.
Quelle: www.idea.de