Wie die Causa Maaßen zum Fall Nahles wurde
Veröffentlicht: 22. September 2018 Abgelegt unter: AKTUELLES | Tags: Abgründe, Andrea Nahles, Anstandsregeln, CSU, deutschland, Freddy Kühne, Hans-Georg Maaßen, Machtkampf, Performance, Politik, Regierungskoalition, Seehofer, spd, Verfassungsschutzpräsident Hinterlasse einen KommentarVon Freddy Kühne
In der Causa Maaßen hatte Andrea Nahles verbal so hoch gepokert („Er muss gehen. Er wird gehen“), dass sie sich selbst und die Regierungskoalition in eine extrem schwierige Lage hineinmanövierte, durchaus wissend, dass Horst Seehofer sich eindeutig hinter Maaßen gestellt hatte, bevor sie sich in eine solche Äusserung verstieg.
Nun hätte man das ganze Theater als interessantes Kabarett einordnen können, sofern die von den Dreien gefundene Lösung wenigstens Bestand gehabt hätte und jeder der Drei auch den Mumm besäße, zu seinem Wort zu stehen.
Doch nun bleibt selbst den härtesten Regierungskritikern der Mund offen und die Spucke weg, denn Nahles bringt auch noch die ganze Koalition ins Wanken: Nach dem Salto-Mortale-Vorwärts versucht sie nun den dreifachen Rittberger Rückwärts.
Die Gründe dafür sind einfach: Nahles und die SPD forderten den Rücktritt Maaßens als Präsident des Verfassungsschutzes – und damit zugleich die Entblößung von Seehofer (siehe Foto) und der CSU. Diese wehrten die politische Belästigungsattacke – aus ihrer Sicht betrachtet – einigermaßen ohne allzugroße Schrammen ab: Maaßen sollte als Staatssekretär ins Innenministerium befördert werden und vorübergehend kommissarischer Leiter des Verfassungsschutzes bleiben.
Zugleich musste dafür ein anderer Staatssekretär mit SPD-Ticket im Innenministerium einen Stuhl freimachen. Aber der Zorn der Parteibasis an der SPD kocht nun derart über, dass Nahles innerparteilich selbst auf die Abschussliste zu geraten scheint.
Die höchste Kunst in der Politik besteht heute scheinbar vor allem darin, dem Gegner – egal ob ausser- oder innerparteilich – den größtmöglichen Schaden zuzufügen, dabei den eigenen Schaden so gering wie möglich zu halten und vor allem den eigenen Gesichtsverlust absolut zu vermeiden.
Während es früher noch Anstandsregeln gab, die ehrenhalber beachtet wurden, wird heute vermehrt mit Intrigen, Lügen und Legendenbildung gearbeitet – und das bloß, um selbst an den Honigtopf zu gelangen.
Meistens bleiben dabei die ehrlicheren und idealistischeren Menschen auf der Strecke, also jene, die nicht in erster Linie die Vorteile für sich suchen, sondern die tatsächlich eine dienende und verantwortliche Vorstellung zum Vorteil für Volk und Land praktizieren.
Nahles jedenfalls hat mit ihrem Ausruf „Er muss gehen“ zwei Abgründe aufgerissen: Vor sich den Abgrund der Regierungskoalition und hinter sich den innerparteilichen SPD-Abgrund, in den man sie jetzt hineinzustürzen droht.
Noch nie zuvor gab es seit 1949 eine Regierung in Deutschland mit einer solch dramatisch schlechten Performance – sowohl inhaltlich wie dramaturgisch.
Quelle und vollständiger Artikel von Freddy Kühne hier: https://99thesen.com/2018/09/22/wir-haben-uns-alle-drei-geirrt/
Vatikanexperte Nersinger über die Causa Müller und die päpstliche „Spontanität“
Veröffentlicht: 5. August 2017 Abgelegt unter: Kardinal Gerhard MÜLLER, PAPST / VATIKAN aktuell | Tags: Badische Zeitung, bistum regensburg, BZ, Glaubenskongregation, Interview, Kardinal Müller, Machtkampf, Papst Franziskus, Publizist, Rom, Süddeutsche Zeitung, Spontanität, SZ, Theologie, Ulrich Nersinger, Vatikan, Vatikanexperte, Wir sind Kirche 2 KommentareDie „Badische Zeitung“ (BZ) veröffentlichte am heutigen Samstag (5.8.) ein Interview mit Ulrich Nersinger, einem katholischen Buch-Autor, Theologen und Vatikanexperten.
Unter dem Titel „Seine Spontanität ist mitunter kontraproduktiv“ äußert sich der 60-jährige Publizist auch zu der – im Ablauf sehr ungewöhnlichen – Entlassung von Kardinal Müller als Präfekt der Glaubenskongregation.
Auf die Frage von BZ-Redakteur Sebastian Kaiser, ob es sich hierbei um den Höhepunkt eines vatikanischen Machtkampfs handelt, sagt Nersinger, „natürlich“ habe es zwischen Papst und Müller Meinungsverschiedenheiten gegeben, aber durchaus auch Gemeinsamkeiten (z.B. eine „positive Sicht auf die Befreiungstheologie“).
Ob die inhaltlichen Differenzen ausreichen, um das Ende von Müllers Amtszeit zu erklären, sei aber fraglich: „Man darf die Konflikte und Intrigen im Vatikan, die auf den Papst einwirken, nicht unterschätzen.“
Nersinger fügt – auch im Hinblick auf andere Entlassungen – hinzu: „Grundsätzlich sind die Personalentscheidungen des Papstes von sehr harten Schnitten gekennzeichnet – obwohl er doch eigentlich für Barmherzigkeit steht.“ – Der Theologe erinnert sodann an die „Spontanität“ von Franziskus, die zu seinen „charakteristischen Wesenszügen“ zähle.
Zugleich sei sowohl in der Öffentlichkeit wie innerhalb der Kirche die „Betrachtung“ dieses Pontifikats in eine „neue Phase“ getreten und offenbar kritischer geworden: „Man fragt sich, was dieser Papst möchte und was er überhaupt durchsetzen kann. Nicht alles ist offenbar so einfach, wie es sich Franziskus ursprünglich gedacht hat.“
Am gestrigen Freitag (4.8.) erschien in der linksgerichteten „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) ein gegen Kardinal Müller gerichteter Online-Artikel mit den in diesen Kreisen üblichen Seitenhieben gegen den Ex-Glaubenspräfekten und früheren Oberhirten von Regensburg.
Wenig erstaunlich, daß sich die von der SZ zitierte Initiative „Wir sind Kirche“ – für ihre „progressiven“ Ansichten seit langem bekannt – intensiv über Kardinal Müller beschwert.
Interessant freilich auch, was die SZ im nächsten Absatz einräumt:
„Wer die Geistlichen im Bistum fragt, hört dagegen nur Nettes über Müller. „Ich habe den Eindruck, dass sich alle freuen“ auf seinen Besuch, sagt Walter Karger, Diakon in Donaustauf. Für Karger war Müller immer „wie ein Bischof von nebenan, mit dem man gern am Tisch sitzt“.
Fotos: Radio Vatikan, Bistum Regensburg